Freiberufliche Tätigkeit für das Finanzamt formulieren

Wenn man sich als Einzelkämpfer selbstständig machen möchte und keine Kapitalgesellschaft, wie eine GmbH gründet, ergibt sich die Frage ob man Freiberufler oder Gewerbetreiber ist. Das ist ein gravierender Unterschied.

Vorteile der freiberuflichen Tätigkeit

Freiberufler haben ggü. Gewerbetreibenden entscheidende Vorteile:

  • Keine Gewerbeanmeldung
  • Keine Gewerbesteuer
  • Kein Eintrag im Handelsregister
  • Freiberufler unterliegen rechtlich nur dem BGB und nicht zusätzlich dem Handelsgesetzbuch
  • Freiberufler müssen mit der Steuererklärung meist nur eine Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) machen und sparen sich eine aufwendige Buchführung bzw. Bilanzierung

Wann bin ich Freiberufler?

Freiberufler ist nur, wer einen sog. freien Beruf ausübt. Was ein freier Beruf ist, ist im Einkommenssteuergesetz (EStG) geregelt, aber meiner Meinung nach an vielen Stellen leider nur schwammig definiert. Gerade moderne Media- oder IT-Berufsbilder werden nur unzureichend genau behandelt.

Im Wesentlichen kann man sagen, dass Freiberufler akademisch ausgebildete Fachkräfte sind (oder Personen die eine vergleichbare Qualifikation nachweisen können) und die höhere, spezialisierte oder schöpferische Leistungen erbringen. Freiberuflicher beraten, coachen, lehren oder sind künstlerisch oder wissenschaftlich tätig.

Freiberufler im Bereich IT und Medien

Gerade für letzteren Aspekt ist es für Selbstständige im Umfeld IT und Medien wichtig ingenieurhaft zu arbeiten. Dies bedeutet, dass man typische Vorgehensmodelle und Tätigkeiten, wie Analyse, Planung/Konzeption, Konstruktion, Realisierung, Überwachung anwendet. Denn gerade in diesem Umfeld sind die Tätigkeiten zwischen freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit für das Finanzamt fließend. Marketingberatung oder -Umsetzung beispielsweise wäre meist eher eine gewerbliche, als eine freiberufliche Tätigkeit.

Ein weiterer entscheidender Punkt für IT’ler ist die Arbeit an „Systemsoftware“, statt an „Anwendungssoftware“. Dies bedeutet, dass das Finanzamt unterstellt, dass Tätigkeiten an Systemsoftware eher Expertenwissen voraussetzen, da an komplexeren und anspruchsvolleren Systemen gearbeitet wird.

Wie sollte ich meine Tätigkeit für das Finanzamt formulieren, damit ich als Freiberufler anerkannt werde?

Die Anmeldung des Freiberuflers ist schnell gemacht. Es muss lediglich das PDF-Formular „Fragebogen zur steuerlichen Erfassung – Aufnahme einer gewerblichen, selbständigen (freiberuflichen) oder land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit“ von der Website des Finanzamtes geladen und ausgefüllt werden.

In Feld 71 im Abschnitt 2.1 („Art des ausgeübten Gewerbes / der Tätigkeit [Ggf. den Schwerpunkt angeben!]“) muss die Tätigkeit beschrieben werden. Folgendes ist zu beachten:

  • Mein Steuerberater hat mir geraten auch nicht mehr als die eine angebotene Zeile zum Beschreiben der Tätigkeit anzugeben, um nicht mit einer zu umfangreichen Beschreibung schlafende Hunde zu wecken – kurz und knackig also!
  • Begriffe wie Beratung oder Consulting vermeiden, da dies oft als gewerblich angesehen wird
  • Akademischen Titel erwähnen, wie Diplom, Bachelor oder Master, um auf den akademischen Hintergrund hinzuweisen
  • Im Umfeld IT oder Medien die ingenieurhafte Arbeitsweise in den Vordergrund stellen
  • Als Informatiker sollte man den Begriff „Systemsoftware“ verwenden, wenn passend

Klassische freie Berufsbilder wie z. B. Arzt oder Architekt finden sich im EStG gelistet und müssen eine Anerkennung zum Status Freiberufler weniger fürchten.

Die Beschreibung meiner Tätigkeit im Formular zur steuerlichen Erfassung lautete wie folgt und wurde anerkannt:

Dipl.-Medieninformatiker; Konzeption, Modellierung & Realisierung von Websystemen und Systemsoftware

Freiberufler-Status behalten

Wichtig ist natürlich auch den Status des Freiberuflers dauerhaft zu behalten. Die Steuererklärung am Jahresende oder eine etwaige Betriebsprüfung ist entscheidend dafür. Wichtig ist es seine Tätigkeiten wie beschrieben auszuführen. Ansonsten wird man als Gewerbetreiber eingestuft und muss ggf. rückwirkend Gewerbesteuer nachbezahlen. Mehr als unschön.

Ein wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang sind Texte und Posten auf Rechnungen an Kunden. Diese sollten die beschriebene freiberufliche Tätigkeit stützen. Zudem haben nur Dienstleistungen etwas auf der Rechnung eines Freiberuflers verloren, nie jedoch der Verkauf von Produkten, wie z. B. Software. Dies wäre immer gewerblich zu sehen.

Lesetipp

Freiberufler Atlas

Eine gute Hilfestellung zur Anmeldung, sowie ein Rundumschlag zu allen Themen, die man als Freiberufler wissen muss, findet sich im Buch Freiberufler Atlas von Martin Massow. Ein Must have für jeden (angehenden) Freiberufler.

Christoph

Christoph

Nach drei Jahren als nebenberuflicher Webberater habe ich den Schritt in die Selbstständigkeit als Freiberufler gewagt. Über meine dabei gesammelten Erfahrungen zu Bürokratie, Praxis und nützlichen Tools schreibe ich in diesem Blog.

9 Kommentare

  1. Hallo Christoph,

    wie schätzt du die Lage für einen Marketingberater ein mit spezialisierung auf SEO & Usability? Im Grunde komme ich aus der IT habe aber meinen Online Marketing Manager an einer privaten Institution gemacht.

    Viele Grüße
    Elias

  2. Hi Elias,
    einen Versuch als Freiberufler zu arbeiten ist es wert. Ich würde von IT-Beratung, Online Marketing Management und SEO sprechen. Je technischer und ingenieurhafter du deine Tätigkeit formulierst, desto einfacher wird es sein.

  3. Danke für den Tipp.

  4. Hi Christoph

    Erstmal Danke für einen Blog und das du deine Erfahrungen mit anderen teilst.
    Finde ich super.

    Bei der Anmeldung beim Finanzamt muss man ja den „Fragebogen zur steuerlichen Erfassung“ ausfüllen und dort die Prognose meiner Einkünfte für das Gründungsjahr
    angeben. Aus dieser wird ja dann die Einkommenssteuervorauszahlungen ermittelt.

    Was gibt man da an? Möglichst gering oder realistisch
    Und muss man die Vorauszahlung auch schon im Gründungsjahr leisten? Oder erst im zweiten Jahr nach der Steuererklärung?

    VG
    Stefan

    P.S.
    Ein Artikel darüber „Wie fülle ich den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung richtig aus“ wäre doch mal eine Idee.

    1. Hi Stefan,
      Ich habe hier auf Anraten meines Steuerberaters sehr niedrig angesetzt, aber nicht 0. Glaube so 10k auf Jahr gerechnet. Damit ist man auf jeden Fall für den Start auf der sicheren Seite, muss aber nach dem ersten Jahr ordentlich nachzahlen. Steuer-Rückstellungen nicht vergessen!
      Anhand dieser Angabe sind im ersten Jahr die Vorauszahlungsabschläge zu leisten. Bei mir war das soweit ich mich erinnern kann quartalsweise. Umsatzssteuervoranmeldung wollte das Finanzamt im ersten Jahr auch quartalsweise, danach dann monatlich.
      Ja, ein Artikel wäre eine gute Idee. Mal schauen wann ich dazu komme 🙂

  5. Lieber Christoph,
    1000 Dank für Deine Bereitschaft die Infos hier mit uns zu teilen. Das ist wirklich sehr übersichtlich und hilfreich unter der ganzen Info Flut, die man sonst im Internet findet… 🙂 Viel Erfolg für Dich!
    Alles Liebe,
    Greta

  6. Hallo,

    ich bin gelernter Fachinformatiker für Systemintegration und möchte gerne nebenberuflich als freiberuflicher IT-Consultant für Entwicklung, Aufbau, Betreuung und Verwaltung von Firmennetzwerken und -Servern arbeiten, wie könnte ich das am geschicktesten für das Finanzamt formulieren, sodass es eventuell akzeptiert wird?

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